14. Dezember 2020

Feedback – tut das weh?

„Ich möchte meinem Mitarbeiter/meinem Kollegen ein kritisches Feedback geben, will ihn aber keinesfalls verletzen. Wie mache ich das?“ Diese Frage taucht gern dann auf, wenn es sich um ein besonders sensibles persönliches Thema handelt, z.B. der Kollege hat einen schier unerträglichen Körpergeruch oder jemand strahlt dauerhaft extrem schlechte Laune aus, so dass es bereits auf alle anderen ‚abstrahlt‘. Man weiß jedoch, dass derjenige zu Hause gerade einen Trauerfall/eine schwere Krankheit in der Familie erlebt und möchte nicht unsensibel sein. Doch so wie im Moment kann es mit seinem Verhalten nicht weitergehen. Auch in Fällen von mangelnden Kompetenzen, die sich ein Mitarbeiter voraussichtlich kaum oder nie wird aneignen können – obwohl er sehr engagiert ist und andere Teile seines Jobs sehr gut macht – kommt es manchmal bei Führungskräften zu einer Scheu, eine klare Rückmeldung zu geben, aus Sorge, den anderen zu verletzen oder zu frustrieren.

Wenn ich ein negatives Feedback gebe, besteht grundsätzlich immer die Möglichkeit, dass - egal wie ich es ‚verpacke‘ - der Feedbackempfänger die geäußerte Kritik als verletzend empfindet und gekränkt, eingeschnappt oder deprimiert reagiert. Dennoch sollte das mich nicht davon abhalten, eine Rückmeldung zu geben, wenn ich es für erforderlich halte.

Wie ein Feedback wirkt, hängt neben der Art und Weise, wie und von wem es geäußert wird, auch vom Feedbackempfänger ab, welches Selbstbild er hat, wo er sich selbst ohnehin schon kritisch betrachtet, welches seine (nicht öffentlichen) sensiblen individuellen ‚Schmerzpunkte‘ sind, welche Ziele er verfolgt, wie selbstbewusst er ist und welche Lebenserfahrungen er mit Kritik bisher gemacht hat.

Bevor ich ein gravierendes Feedback adressiere, sollte ich daher vorher kurz innehalten und überlegen, wodurch der Impuls zu dem Feedbackgespräch eigentlich entstanden ist und was mein Ziel des Gesprächs ist:

  • Was genau stört mich eigentlich an dem anderen?
    Welches Verhalten, welche Einstellung?
  • Was wünsche ich mir, was mein Gesprächspartner später anders macht? Woran würde ich merken, dass sich etwas verändert hat? Wie kann ich ihm das möglichst anschaulich erläutern? Wie soll sich unsere Beziehung nach dem Gespräch weiter entwickeln?
  • Welche anderen Wege außer einem Gespräch gäbe es noch, um dieses Ziel zu erreichen?
  • Abwägung: Wie wichtig ist mir das Ganze überhaupt?

Nicht jedes Feedback, das mir auf der Zunge liegt, muss ausgesprochen werden. Natürlich ist auch legitim, ‚einfach mal etwas loswerden zu wollen‘. Wenn ein Feedback aber hauptsächlich der Selbstentlastung dient und nicht davon auszugehen ist, dass ich durch diese Rückmeldung eine Veränderung erzielen werde, sondern derjenige nur verletzt oder frustriert ist, kann ich es vielleicht auch für mich behalten. Allerdings sollte das nicht zu einem permanenten Unwohlsein bei mir selbst führen.

Mit einer wohlwollenden respektvoll ausgedrückten Rückmeldung ergeben sich in der Regel auch Chancen, egal wie heikel das Thema ist. Für den Feedbacknehmer ergibt sich eine Chance zur Reflektion und persönlichen Entwicklung, für den Feedbackgeber eine Chance, in der Situation eine Verbesserung zu erzielen und für beide Seiten die Chance der Beziehungsverbesserung, denn alle Erfahrung zeigt, dass eine länger dauernde schwerwiegende Störung sich letztlich auch negativ auf die Beziehung auswirkt.

Deswegen gilt es, sich nach reiflicher Überlegung ein Herz zu fassen und das Gespräch zu suchen.

Hier noch einmal zur Erinnerung die Elemente eines konstruktiven professionellen Feedbacks:

  • Wahrnehmung ‚Video-Technik‘ z.B.
    • „Mir ist aufgefallen, dass…“ oder „Ich habe gehört/gesehen, dass…“
  • Wirkung auf mich ‚Ich-Botschaft‘  z.B.
    • „Das wirkt auch mich…“ oder „Ich erlebe das …“ oder „Das löst bei mir aus…“
  • Wunsch, Erwartung oder Empfehlung
    je nach Beziehung zu dem Feedbacknehmer
    • „Ich wünsche mir …“
    • „Ich erwarte von Dir …“
    • „Ich empfehle Dir …“

Dieses kann verbunden werden mit einer positiven Zukunftsperspektive z.B. „ …, damit wir beide wieder zu einer besseren Kooperation kommen.“ „Dann wird Deine Akzeptanz im Team steigen.“

und gegebenenfalls

  • Gibt es etwas, was ich tun kann, um Dich bei einer Veränderung zu unterstützen?

Falls ich nun trotz einem nach ‚allen Regeln der Kunst‘ gegebenem Feedback wie befürchtet merke, dass der Andere verletzt oder sehr betroffen reagiert, sollte ich nicht gleich meinem möglichen inneren Impuls folgen, mein Feedback wieder abzumildern („So schlimm ist es gar nicht.“), sondern besser die Gefühle des Gegenübers einen Moment aushalten und abwarten, Verständnis zeigen für die Reaktion („Ich kann verstehen, dass Dich das trifft.“), aber inhaltlich weiter mit Klarheit bei der Sache bleiben. Eventuell kann ich dem Gesprächspartner auch eine kurze Pause zur Verarbeitung des Gehörten anbieten. Danach lässt es sich meist wieder ruhiger und sachlicher weitersprechen.

Wichtige Feedbacks zu lange aufzuschieben oder sie ganz zu unterlassen, ist in der Regel nicht sinnvoll, vor allem wenn die Zusammenarbeit von dem schwelenden Thema dauerhaft überschattet wird. In der Regel überwiegen die Chancen eines Feedbackgesprächs die Risiken bei weitem.

Über die Autorin

Mit Energie, Kreativität und Empathie führt Karin Pape ihre Kunden gerne abseits der ausgetretenen Pfade zum Ziel. Im Fokus der bekennenden Pragmatikerin steht dabei immer das jeweils Machbare. Als erfahrene Weltenbummlerin liebt sie die Vielfalt der Völker genauso wie die Verschiedenheit ihrer Kunden.


Individuelle Beratung unter +49 69 9399677-0 oder info@metrionconsulting.de

Den Gedanken „Mir bleibt keine andere Wahl als…“ solle man stets ergänzen um den Zusatz „es sei denn, ich wollte ehrlich und mutig in meinem Handeln sein.“

Dr. Stefan Hölscher - Partner, Metrion Management Consulting