Von Organisationskonzepten wie agilem Arbeiten, flachen Hierarchien, Schwarmintelligenz usw. ist zumindest in großen und mittleren Unternehmen fast überall die Rede. Eine wichtige Frage in diesem Kontext scheint mir zu sein, was teilweise schon geschehende und sich für die Zukunft noch verstärkt abzeichnende Veränderungen in den Unternehmen für die junge Generation bedeuten. Der Erfolg organisationaler Entwicklungen hängt auch davon ab, wie positiv oder kritisch junge Mitarbeiter diese bewerten. Der demographische Wandel ist in vollem Gange, und was helfen die schönsten Konzepte, wenn sie von maßgeblichen Personen nicht gelebt werden wollen? Deshalb die Frage: Wie ticken denn die Jungen, die jetzt dabei sind, beruflich einzusteigen?
Es gibt Hinweise von Forschern wie Christian Scholz von der Universität des Saarlandes, dass sich die derzeit jüngste Generation am Arbeitsmarkt, die „Generation Z“ (geboren ab ca. 1995) deutlich von der uns mehr oder weniger bekannten Vorgängergeneration, der Generation Y (ca. 1980 bis 1995) unterscheidet. Für einige vielleicht überraschend kann die Generation Z offenbar mit Worten wie „Flexibilität“, „Work-Life-Balance“ und Karriereversprechen, die noch für die Generation Z eine Rolle spielten, nur bedingt geködert bzw. gebunden werden.
Nach den Erfahrungen der Generation Y (auch als „Generation Praktikum“ bekannt) und einem anhaltenden Trend zu befristeten Arbeitsverträgen bei Neueinsteigern erscheinen der Generation Z geregelte Arbeitszeiten in unbefristeten Verträgen, Trennung von Arbeit und Freizeit sowie klar definierte Strukturen und Verantwortlichkeiten als erstrebenswerte Bausteine für ein erfolgreiches und erfülltes Berufsleben. Dabei sind die Wünsche häufig ambivalent: Flexibilität und Sicherheit, Individualität und eine starke Teamzugehörigkeit, Eigenverantwortung und Führungsstärke seitens des Vorgesetzten.
Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann von der Hertie School of Governance glaubt, dass es auf „flexible feste Strukturen“ hinauslaufen könnte. Vielleicht ist das ein Hinweis, wie die Wünsche der jungen qualifizierten Mitarbeiter mit den neuen Organisationsformen verknüpft werden können. Arbeit in selbstorganisierten Teams beispielsweise, mit klar umrissenen Aufgabenfeldern und hinreichend Eigenverantwortung, um überschaubare Entscheidungen selbst oder im Team treffen zu können, wird allem Anschein nach den Ansprüchen dieser Mitarbeiter entgegen kommen. Auch die Arbeit in einer hierarchiearmen Umgebung, in der sie offen ihre Meinung sagen und im Team Themen besprechen und entwickeln können, passt gut zu dem Wunsch, ernst genommen und gefragt zu werden.
Gleichzeitig haben diese jungen Menschen einen hohen Anspruch an Führung. Sie wollen beteiligt werden, mitbestimmen, Dinge ausprobieren und auch einmal Fehler machen dürfen. Sie wollen gelobt und (dennoch) auch angemessen kritisiert werden, um sich weiter zu entwickeln. Viele der jüngeren Mitarbeiter wünschen sich einen engen Kontakt nicht nur zu ihren Peers, sondern auch zu erfahreneren Kollegen und Führungskräften, die ihnen unterstützend zur Seite stehen. Gerade in der heute unsicheren und komplexen Organisationswelt benötigen sie Vorbilder, an denen sie sich orientieren können und die ihnen Sicherheit geben, beruflich und persönlich auf dem richtigen Weg zu sein. Bei Arbeit in wechselnden Projekten und Teams, vom Home Office aus, an unterschiedlichen Standorten oder über Ländergrenzen hinweg, müssen Führungskräfte sicherstellen, dass der Kontakt zum Mitarbeiter so eng bleibt, dass dieser sich im Unternehmen jederzeit sicher aufgehoben fühlt.
Die Generation Z möchte selbst Einfluss auf ihr Arbeitsumfeld haben, entscheiden wann und wo sie arbeitet und wie sie sich die Arbeit strukturiert. Sie erlebt und beobachtet bei den Älteren, dass Digitalisierung, Internet und Allzeiterreichbarkeit im Berufsleben auch einen Preis kosten. Ihnen ist daher die Abgrenzung von Arbeit und Freizeit wichtiger als der Vorgängergeneration. Christian Schuldt vom Zukunftsinstitut prägt für diese Generation den Begriff der „neue Achtsamkeit“, d.h. keine „Selbstausbeutung“ durch überlange Arbeitszeiten und permanente mobile Erreichbarkeit, Balance von Einsatz für das Unternehmen und einer angemessenen Kompensation in Form von Bezahlung, Arbeitsbedingungen, usw.
Durch das Aufwachsen mit den digitalen Medien, den überreichen Zugang zu Informationen und permanente Verfügbarkeit und Kommunikation hat sich diese Generation ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit, die Fähigkeit zum „Scannen“ der Umwelt, eine schnelle Aufnahmefähigkeit und die Kompetenz zum Netzwerken erworben. In hochkomplexen Welten sind das sicherlich nützliche Fähigkeiten. Ob die neue „Onlinekompetenz“ den Digital Natives am Arbeitsmarkt einen Vorteil verschafft ist noch umstritten. Sicherlich kann das selbstverständliche Online-Netzwerken bei selbstorganisiertem Arbeiten mit Teamkollegen, die man zum Teil nicht persönlich kennt, einige Barrieren abbauen.
Andererseits lassen sich die Z-ler auch schnell ablenken und haben tendenziell eine kürzere Aufmerksamkeitsspanne und ein geringeres Durchhaltevermögen. Diese Eigenschaften sind nur bedingt tauglich für das kontinuierliche Arbeiten in langfristigen Prozessen oder für detailgenaue Entwicklungsarbeit, wie sie in vielen Organisationen gefragt ist. Unternehmerisches Arbeiten erfordert auch einen langfristigen Blick in die Zukunft und nicht nur das Leben im Moment.
Es ist abzusehen, dass ein Teil der jungen Mitarbeiter sich und ihre beruflichen Kompetenzen noch deutlich weiter entwickeln müssen. Hier ist die Personalentwicklung gefordert, entsprechende Maßnahmen zur fachlichen Qualifizierung und Persönlichkeitsentwicklung anzubieten. Zum letzteren gehören die Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung, Kritikfähigkeit, die Kompetenz am Ball zu bleiben und vor allem für die, die weiter an die Spitze wollen, unternehmerisches Denken und Handeln.
Diese Durchschnittsbetrachtungen müssen natürlich individuell noch einmal überprüft werden. Schon durch die Bewältigung schwieriger Ausbildungen haben viele qualifizierte Z-ler, die jetzt in die Unternehmen eintreten, bewiesen, dass diese Generationenzuschreibungen nicht oder zumindest nur teilweise auf sie zutreffen.
Wenn „flexible feste Strukturen“ das Wunschbild dieser Generation sind, muss Persönlichkeitsentwicklung der jungen Mitarbeiter darauf abzielen, den festen Rahmen ein wenig größer werden zu lassen, damit sich auch innovative Impulse entwickeln können. Allzu große Vorsicht wird in der organisationalen Zukunft, in agilen Kontexten und in komplexen Umwelten eher hinderlich sein. Mutig zu sein und über den gegebenen Rahmen hinaus zu denken, wird in selbststeuernden flexiblen Strukturen den Erfolg ausmachen.