15. Februar 2014

Persönliche Ziele

Zielvereinbarungen sind wir gewohnt aus dem Arbeitsalltag in Organisationen. Und unabhängig davon, dass sie nicht selten beklagt werden – „zu viele, zu hoch gesteckte, zu unklare, einander widersprechende oder aufgedrückte Ziele“ –- ist eines doch klar: als Mittel der Fokussierung, worauf es einem für eine bestimmte Periode der Zeit vor allem ankommt, machen Zielvereinbarungen unbestreitbar Sinn. Und dies gilt auch im persönlichen Bereich.

Da gibt es Parallelen: Sind im Arbeitskontext potenziell viel zu viele mögliche Aktivitätsschauplätze, die alle irgendwie wichtig, aber nicht alle herausragend wichtig sind, so dass hier fokussiert und priorisiert werden muss, so gilt dies erst recht für den persönlichen Bereich. Da finden sich nämlich einerseits die eigenen Arbeitsaufgaben, Ziele und beruflichen Ambitionen wieder – schließlich sind sie ein Teil des eigenen Lebens – daneben gibt es aber natürlich noch jede Menge anderer Dinge: die Pflege von Beziehungen, die einem wichtig sind: Partnerschaft, Familie, Freundschaften etc. Aktivitäten, die man unbedingt machen möchte: persönliche Projekte, besondere Reisen, ehrenamtliche Tätigkeiten etc. Der Umgang mit dem eigenen Körper: Bewegung, Sport, Ernährung, Sexualität, Ruhe, Schlaf etc. Hier tun sich derart viele Schauplätze auf, dass man immer das Gefühl haben kann (und das ist nicht nur ein Gefühl), zu vielem gar nicht richtig zu kommen.

Wir können nicht alles gleichermaßen, gleich intensiv und gleich gehaltvoll tun. Das ist wie im Arbeitsleben. Wir müssen fokussieren und priorisieren, und wenn wir das nicht bewusst und für uns stimmig tun, dann tun wir es durch unser tägliches Handeln zwar irgendwie auch, aber wahrscheinlich nicht ideal – für uns. Die Schlussfolgerung daraus ist denkbar einfach: es lohnt, mit sich selbst Ziele zu reflektieren, zu vereinbaren, aufzuschreiben und zu evaluieren. Wirklich diese ganze Palette? – Und ob.

Gerade weil es so viele sinnvolle Schauplätze und Möglichkeiten gibt, braucht es eine Reflexion, was die wirklich bedeutsamen sind. Hier darf man – noch mehr als im Arbeitsumfeld – neben klaren Überlegungen auch das eigene Bauchgefühl, die Intuition walten lassen: Wie wichtig ist die Sache mir wirklich? Welches Gefühl vermittelt sie mir? Wie wäre es, wenn ich diese Dinge gar nicht oder nur recht peripher machen würde? Wo bringt mich das auch längerfristig hin? Was ziehe ich daraus, was sind wohl die Kosten? Es gilt die wichtigsten Zielfelder zu identifizieren – vielleicht fünf oder sechs, jedenfalls nicht mehr als allerhöchstens zehn.

Dann braucht es natürlich auch Handlungskonkretisierungen. es reicht nicht, sich als Ziel zu setzen: in diesem Jahr mehr Sport. Was für Arten von Sport, wie oft, wie lange, zu welchen Tageszeiten, und was ist Plan B, wenn das mitunter mal – aus welchen Gründen auch immer – nicht klappt? Damit ein Ziel kein Silvestervorsatz bleibt, muss man es – auch mit sich selbst – sauber vereinbaren. Ziele müssen konkret operationalisiert, also mit beobachtbaren Handlungen verbunden, zeitlich terminiert, realistisch, herausfordernd und im eigenen Handlungskontext, d.h. zwischen all den anderen dort wichtigen Faktoren umsetzbar sein.

Dies alles sollte aufgeschrieben, zumindest aber skizziert werden. Dafür brauchen wir für uns selbst keine Formblätter. Ein einfaches DIN A4 Blatt, auf dem man beispielsweise eine Mindmapping Struktur anlegt, reicht voll und ganz. Wenn wir unsere unterschiedlichen Ziele nicht aufschreiben, geht einiges davon fast zwangsläufig wieder verloren: aus den Augen, aus dem Sinn. Das Visualisieren hilft, die Übersicht zu behalten und die verschiedenen Ziele auch im Zusammenspiel besser zu verstehen. Auch bietet es eine ebenso einfache wie gute Möglichkeit, von Zeit zu Zeit mal drauf zu schauen, um einzuschätzen, wo man steht.

Ich persönlich nutze solche Zielfindungen und Visualisierungen schon seit vielen Jahren. Manchmal, wenn es um grundsätzliche Weichenstellungen ging, habe ich mir mehr Zeit für die Zielbestimmung genommen (z.B. mal ein Wochenende), meistens aber waren es nur wenige Stunden – ungefähr einmal pro Jahr. Je mehr man darin geübt ist, mit den eigenen Zielsetzungen bewusst und konsequent umzugehen, umso mehr Zielfokussierung passiert nach meiner Erfahrung schon unbewusst und unterbewusst. Vieles muss man dann nur noch festhalten oder verdichten, gar nicht mehr grundsätzlich austüfteln. Das Festhalten (bei mir immer nur in Form von Stichworten) finde ich allerdings wichtig. Von Zeit zu Zeit beurteile ich tatsächlich, wie weit ich wohl eine Zielstellung erreicht habe und ich sehe dadurch, wo ich nachsteuern muss und wo nicht. Was auch offenbar wird: Zielfelder ändern sich z.T. sehr deutlich im Laufe der Zeit: manches wird erreicht, so dass es dann um Stabilisieren geht, anderes eröffnet sich neu oder verändert bzw. verliert seine Relevanz. So werden die Zielvisualisierungen und Einschätzungen im Laufe der Jahre auch zu einem Spiegel der persönlichen Entwicklung.

Ich schöpfe aus meinen persönlichen Zielreflexionen immer wieder grundlegende Orientierung, Klarheit und Kraft. Vielleicht haben Sie damit schon ganz ähnliche Erfahrungen gesammelt. Falls nicht: probieren Sie es doch einfach mal aus.

Über den Autor

Dr. Stefan Hölscher verbindet fundierte psychologische Erfahrung mit Klarheit und humorvoller Pointierungslust. Er liebt intensive Reflexion als Grundlage für kraftvolle Impulse: als Coach und Trainer ebenso wie als Autor und kreativer Geist.


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Meine Interpretation hat Folgen: Je nachdem, wie ich die Dinge sehe, bahne ich die Entwicklung, die die Dinge für mich nehmen.

Dr. Stefan Hölscher - Partner, Metrion Management Consulting