20. Juni 2018

Das erste Mal ‚Boss‘. Vier Empfehlungen für junge Führungskräfte

Egal ob in kleinen Start-ups oder in großen Konzernen, die erste Führungsrolle ist immer eine Herausforderung. Wie verhalte ich mich richtig als Chef*in? Was erwarten meine Mitarbeiter*innen eigentlich von mir? Wie gehe ich mit Leuten um, die zum Teil sogar wesentlich älter sind als ich? Werden die vor mir Respekt haben? Nicht jeder ist als Super-Führungstalent geboren. Gerade auch in kleinen Unternehmen wie PR- oder Marketing-Agenturen, bei IT- und anderen Dienstleistern ist neben der Verantwortung für die Mitarbeiter*innen vor allem das Tagesgeschäft und/oder strategische Verantwortung zu schultern, so dass oft für das Team und das eigene Hineinwachsen in die Führungsrolle wenig Zeit bleibt.

Jedoch – egal wo Sie in eine Führungsposition aufgestiegen sind oder bald aufsteigen werden – vermeiden Sie die Fallen, in die neue Führungskräfte immer wieder hineintappen:

  • Als Chef*in muss ich (immer) mehr wissen und können als meine Mitarbeiter*innen, sonst nehmen sie mich nicht ernst.

Sie wollen Ihren Mitarbeiter*innen immer einen Schritt voraus sein. Sie versuchen, sich möglichst viel Fachwissen anzueignen. Sie haben schon gehört, wie Mitarbeiter*innen negativ über andere Führungskräfte gesprochen haben, weil diese sich „nicht auskennen“. Sie vermeiden es, um Hilfe zu bitten und arbeiten sich so tief wie möglich in die Arbeit aller Mitarbeiter*innen ein, damit Sie mit Ihrer Sachkenntnis ernst genommen werden. Schließlich ist es Ihre Aufgabe, die Details zu beherrschen und inhaltlich die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Empfehlung: Ihre Aufgabe als Teamleiter*in ist es, den Überblick zu behalten. Oft ist es unmöglich, alle Jobs in Ihrem Team so gut zu kennen wie die Teammitglieder selbst, vor allem, wenn es um komplexe Themenfelder geht. Begnügen Sie sich am Anfang mit dem Grundverständnis und vertrauen Sie auf Informationen von Ihren (erfahrenen) Mitarbeiter*innen. Auch mal zuzugeben, dass Sie sich in einer Sache nicht auskennen, ist völlig in Ordnung, solange Sie Ihre Mitarbeiter*innen einbeziehen und mit deren Unterstützung angemessene Entscheidungen treffen. Die Zeit, die Sie für zu viel fachliche Detailarbeit verwenden, fehlt Ihnen für die Kommunikation mit dem Team.         

  • Ich zeig Euch jetzt mal, wo es lang geht!

Sie mögen Ihre neue Position und die damit verbundenen Einflussmöglichkeiten. Nun geht’s los! Sie haben auf diese Chance gewartet, jetzt können Sie engagiert Dinge umsetzen. Sie werden sofort einige schon lange fällige Veränderungen angehen. Manchmal muss man einfach entscheiden und anfangen. Die Mitarbeiter*innen werden Sie schon irgendwie überzeugen.

Empfehlung: Geben Sie Ihren Mitarbeiter*innen Zeit, sich an Sie als Chef*in zu gewöhnen. Besonders radikale Veränderungen sollten Sie nicht gleich an den Anfang stellen. Oft gibt es gute Gründe, warum Ihr/e Vorgänger*in bestimmte Sachen nicht gemacht hat. Beobachten und verstehen Sie, bevor Sie loslegen. Sonst sind unnötige Konflikte vorprogrammiert.  

  • Ich bin ein ganz normales Teammitglied.

Nur weil Sie Chef*in sind, heißt das noch lange nicht, dass das Team vor Ihnen zittern muss. Schließlich waren Sie selbst mal Mitarbeiter*in und haben sich eine/n nette/n kooperative/n Chef*in gewünscht. Außerdem wollen Sie die guten Beziehungen, die Sie zu den ehemaligen Kolleg*innen haben, nicht gefährden. Daher versuchen Sie, ein ganz normales Teammitglied zu sein und vermeiden es ‚den Chef zu spielen‘.

Empfehlung:  Akzeptieren Sie, dass sich mit Ihrer neuen Rolle auch einige Beziehungen verändern werden. Kraft Ihrer Führungsrolle werden Sie vom Team ohnehin in neuem Licht betrachtet. Für Sie gilt es, Nähe und Distanz angemessen auszutarieren. Vor allem in flachen Hierarchien wie in Start-ups können Sie oft (fast) wie ein Teammitglied handeln, trotzdem wird es immer wieder nötig sein, sichtbar Führung zu übernehmen, z.B. wenn es um die Leistungsbewertung der Mitarbeiter*innen geht oder um notwendige, aber unangenehme Entscheidungen und strategische Veränderungen. Sie laufen sonst Gefahr, dass man Sie zwar mag, aber in Ihrer Führungsrolle nicht ernst nimmt.

  • Ich möchte am liebsten alles selbst machen.

Es fällt Ihnen schwer, loszulassen. Wenn Sie etwas selbst machen, wissen Sie wenigstens, dass es gut erledigt ist. Oft kennen Sie sich auch einfach besser aus. Bis Sie die Aufgabe erklärt haben, können Sie sie auch gleich selbst bearbeiten. Sich darauf zu verlassen, dass die Mitarbeiter*innen etwas so gut erledigen wie Sie selbst, ist ohnehin ein Risiko. Wenn Sie eine Aufgabe abgeben, lassen Sie sich kurzschrittig berichten, wie es voran geht. Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser. Sie werden selbst Ihr bestes Arbeitspferd.

Empfehlung: Machen Sie nicht die Arbeit der Mitarbeiter*innen und versuchen Sie, von Ihren eigenen Aufgaben einige zu delegieren. Wenn Sie den Mitarbeiter*innen immer wieder hineinreden, werden diese auf die Dauer unselbstständig und verlieren die Motivation. Wenn Sie alles selbst machen, werden Sie früher oder später an Überlastungssymptomen leiden. Ihr Team entwickelt seine Kompetenzen nur weiter, wenn Sie den Teammitgliedern etwas zutrauen. Übertragen Sie herausfordernde Aufgaben an kompetente Mitarbeiter*innen und coachen diese bei der Bewältigung, damit die Mitarbeiter*innen persönlich wachsen können. Die Weiterentwicklung der Mitarbeiter*innen wird sich auch auf Ihre Zielerreichung positiv auswirken.

Noch eine Bemerkung zum Schluss: Geben Sie sich Zeit, in Ihre Rolle hineinzuwachsen. Sie müssen sich nicht verbiegen. Souverän zu führen ist keine triviale Aufgabe. Führungskompetenzen kann man sich erwerben, durch Erfahrung, durch Qualifizierung und durch Unterstützung von erfahrenen Kolleg*innen und Führungskräften. Zunehmende Erfahrung und die richtige Einstellung werden Ihnen dabei helfen, Ihre Führungsfunktion authentisch und gleichzeitig effektiv auszufüllen.

Einige Tipps zum Führen als Coach finden Sie in dem Buch von Stefan Hölscher

Über die Autorin

Mit Energie, Kreativität und Empathie führt Karin Pape ihre Kunden gerne abseits der ausgetretenen Pfade zum Ziel. Im Fokus der bekennenden Pragmatikerin steht dabei immer das jeweils Machbare. Als erfahrene Weltenbummlerin liebt sie die Vielfalt der Völker genauso wie die Verschiedenheit ihrer Kunden.


Individuelle Beratung unter +49 69 60 60 55 60 oder info@metrionconsulting.de

Was Führung erfolgreich macht, ist klar zu sagen, aber voller Uneindeutigkeit in der Umsetzung. Das ist der Grund, weswegen Führungskräfte diese Arbeit tun und nicht Computerprogramme.

Dr. Stefan Hölscher - Partner, Metrion Management Consulting