12. Oktober 2017

Bridge over troubled water.....Konfliktmoderation im Stil der Klärungshilfe

Wenn es darum geht, Konflikte zu klären, taucht immer wieder der Begriff Klärungshilfe auf. Klingt wie Entwicklungshilfe – oder gar Schülerhilfe und ist doch etwas ganz anderes: Klärungshilfe ist eine von Christoph Thomann methodisch klar strukturierte Konfliktmoderation, die wirkungsvolle und nachhaltige Lösungen ermöglicht, da nicht nur die „reine“ Faktenlage sondern auch die schwierigen Gefühle, Verletzungen und Kränkungen explizit angesprochen und bearbeitet werden, so dass mühsam erarbeitete Lösungsschritte nicht immer wieder von nicht aufgearbeiteten Gefühlsaufwallungen torpediert werden. Der Dreischritt der Klärungshilfe lautet deshalb auch: „Vergangenheit verstehen, Gegenwart klären, Zukunft planen.“ Er wird in die folgenden 7 Phasen der sogenannten „bridge over troubled water“ unterteilt:

1. Auftragsklärung

Die Klärungshelferin wird vom Auftraggeber kontaktiert. In einem Telefonat wird abgeklärt, ob eine Konfliktmoderation tatsächlich die richtige Maßnahme ist und ob der Auftraggeber bereit ist, den Konflikt mit allem was war und ist zu bearbeiten.

2. Anfangsphase

Die eigentliche Konfliktmoderation beginnt. Die Konfliktparteien und die Klärungshelferin sitzen zusammen, der Ablauf der Klärung wird kurz erläutert, Hindernisse beseitigt und Bedingungen abgeklärt.

3. Phase – Selbstklärungsphase

Nun beginnt die inhaltliche Arbeit. Jeder einzelne schildert in Anwesenheit aller anderen seine Sichtweise. Ziel ist es, jeden zu verstehen und dabei die zu besprechenden Themen zu identifizieren. Diese Phase ist für die Beteiligten nicht einfach, da jene oft gerne der anderen Konfliktpartei gleich widersprechen würden statt zuzuhören. Sie hat aber den Vorteil, dass die Parteien – oft zum ersten Mal – sich wirklich zuhören und damit die „Welt“ oder das Erklärungsmodell der anderen Partei kennenlernen.

4. Phase – Dialogphase

Nun endlich dürfen die Parteien miteinander reden, miteinander in Dialog treten. Auf explizite Gesprächsregeln wird dabei bewusst verzichtet. Also keine höflichen Ich-Botschaften, keine „Ich fühle mich...“ Botschaften, die von allen so geliebt werden...... Damit die Parteien aber nicht in den üblichen Sog der Anschuldigungen und Vorwürfe abrutschen, bringt die Klärungshelferin die entsprechenden Methoden und viel Erfahrung zur Anwendung. Die Hauptmethoden dabei sind „Verknüpfen“, „Vertiefen“ und Doppeln.

Verknüpfen heißt, ein Thema nach dem anderen solange zu bearbeiten, bis es entweder geklärt ist oder klar ist, dass man sich bei diesem Thema noch 3 Jahre im Kreise drehen wird. Erst dann wird das nächste Thema auf die Tagesordnung gehoben. So wird verhindert, dass die Parteien in ihren Vorwürfen von Thema zu Thema springen, Vorwürfe aussprechen aber sich auf die Klärung nicht wirklich einlassen.

Vertiefen bedeutet, auf die hinter den Positionen und Vorwürfen liegenden Bedürfnisse und Gefühle zu kommen, z.B. von „Sie sagen die Meetings immer wieder kurzfristig ab!“ zu „Wir glauben, dass wir für Sie gar nicht wichtig sind und das enttäuscht uns und macht uns sauer!“.

Beim Doppeln stellt sich die Klärungshelferin neben einen der Beteiligten und fragt: „Darf ich mal neben Sie kommen, für Sie etwas sagen, und Sie sagen dann, ob es so stimmt?“ Sie spricht dann in direkter Rede, als wäre sie die Person. So können z.B. durch Einfühlung gewonnene Vermutungen oder negative Gefühle ausgesprochen werden, die der Person selbst vielleicht nicht einmal bewusst sind, die aber zur Klärung der Situation viel beitragen können.

5. Phase – Lösungsphase

Idealerweise sind nach dem Dialog verhärtete Gefühle aufgeweicht, jeder erkennt seinen Anteil an der Gesamtentwicklung und tritt von den ursprünglichen Positionen zurück. Sollten die Parteien nach dem Dialog nicht zu einem friedlichen Ende gekommen sein, erklärt oder besser beschreibt die Klärungshelferin jetzt aus ihrer neutralen Außenperspektive wie sie die aktuelle Situation wahrnimmt. Dies ohne Schuldzuweisungen, ohne eine kausale Logik von Ursache und Wirkung. Es ist eine Systemerklärung, in der oft aus „Opfer und Täter“ eine zirkuläre Wechselbeziehung, ein sogenannter Stresskreislauf wird, in dem aus Schuld Beteiligung an einer Situation entsteht, die niemand so kreieren wollte. Durch diese Erklärung wird ein Blick von oben auf das Geschehen möglich, kann die Dynamik, die der Konflikt entfesselt hat, erkannt werden und so Beruhigung und Distanz vom bisherigen Verhalten eintreten.

Erst jetzt, nach der Erklärung, folgt die Suche nach tragfähigen, alltagstauglichen Lösungen, die mit unterschiedlichsten Moderationsmethoden erarbeitet werden können.

6. Phase – Abschlussphase

Zum Abschluss haben die Parteien die Möglichkeit Kritik an der Moderation der Klärungshelferin zu üben bevor dann mit einem Blick nach vorne thematisiert wird, wie es weitergeht.

7. Phase – Nachsorge

Zur Unterstützung der Nachhaltigkeit der Veränderungen telefoniert nach ca. 6 Wochen die Klärungshelferin mit dem Auftraggeber und bespricht mit ihm ob und wenn ja welche weitere Maßnahmen es nun braucht, damit die Beteiligten auch weiterhin den eingeschlagenen positiven Weg begehen können. Dies kann z.B. ein Coaching, ein Teamworkshop mit fachlichen Themen oder weitere Klärungen auf anderen Ebenen sein.

Ein Team oder zwei Personen gehen in der Regel nicht begeistert in eine Konfliktmoderation. Erst wenn der Frust hoch und kein Ausweg in Sicht ist, sind die Beteiligten bereit, sich mit der Situation auseinander zu setzen. Wird der Konflikt in Form der Klärungshilfe jedoch bewältigt, ist die grundsätzliche Konfliktlösungskompetenz gestärkt und der Weg frei für weiteres produktives Wachstum des Teams und auch der einzelnen Personen.

 

Pia Gaspard | gaspard@metrionconsulting.de
Thomann zertifizierte Klärungshelferin IfKâ, Mediatorin BMâ

Über die Autorin

 Pia Gaspard hat einen besonderen Sinn für Menschen und für Zahlen. Sie hört sehr genau zu und bringt die Themen ebenso klar wie wertschätzend auf den Punkt. Dadurch unterstützt sie insbesondere auch in schwierigen und konflikthaften Situationen die Beteiligten konstruktive Ansätze für nachhaltige Lösungen zu finden. 


Individuelle Beratung unter +49 69 9399677-0 oder info@metrionconsulting.de

Das In-Erscheinung-Treten von Konflikten wird oft als Problem gesehen. Probleme entstehen aber viel eher dann, wenn Konflikte nicht in Erscheinung treten.

Pia Gaspard - Partnerin, Metrion Management Consulting