Es gibt sie, die Helden des Alltags. Sie bleiben auch unter dem größten Zeitdruck besonnen und freundlich. Wenn wichtige Projekte anstehen, bleiben sie länger, gehen dafür aber auch in ruhigeren Zeiten früher. Diese Menschen verfügen über eine innere Kraft, die sie auch in schwierigen, stressigen Phasen auf Kurs hält. Diese seelische Widerstandskraft oder Resilienz (von lat. resiliere – „zurückspringen“, „abprallen“) bezeichnet die Fähigkeit, persönliche Rückschläge, Belastungen und Krisen konstruktiv zu bewältigen und als Anlass für Entwicklungen zu nutzen. Aus Tiefs gehen resiliente Menschen eher gestärkt hervor.
Resiliente Menschen sind beruflich erfolgreicher, emotional stabiler sowie körperlich und psychisch gesünder. Sie passen sich Veränderungen besser an und leiden seltener an Burn-Out. Wie machen die das? Im Wesentlichen bestimmen sieben Faktoren Ihre psychische Widerstandskraft:
- Akzeptanz: Nehmen Sie an, was geschieht. Es ist wie es ist.
- Optimismus: Vertrauen Sie darauf, dass es besser wird.
- Selbstwirksamkeit: Entscheiden Sie sich für Ihre Bedürfnisse und gehen Sie Ihren Weg.
- Verantwortung: Verlassen Sie die Opferrolle und übernehmen Sie Verantwortung.
- Netzwerkorientierung: Bitten Sie andere um Hilfe und nehmen Sie sie an.
- Lösungsorientierung: Gehen Sie die Dinge an, werden Sie aktiv.
- Zukunftsorientierung: Planen Sie Ihr Leben und realisieren Sie Ihre Pläne.
Je nach Persönlichkeit sind diese Faktoren mehr oder weniger stark ausgeprägt und bilden das individuelle Resilienzprofil. Menschen neigen dazu, sich nur der stark ausgeprägten Fähigkeiten zu bedienen. Es ist aber effektiver, alle Faktoren zu kennen, um das eigene Verhalten situationsabhängig anpassen zu können.
Die gute Nachricht: Jeder kann widerstandsfähiger werden. Selbstreflexion ist dabei zentral. Überprüfen Sie, welche Einstellungen und Handlungen Ihnen in einer Krise helfen und fokussieren Sie sich auf diese. Das braucht Übung, denn Sie müssen ja zunächst aus alten Verhaltensmustern ausbrechen. Aber es gelingt mit der Zeit immer besser. Folgende Tipps helfen Ihnen, mit der Zeit resilienter zu werden.
Tipp 1: Akzeptieren Sie, was Sie nicht ändern können
Veränderungen sind Teil des Lebens – wir werden zum Beispiel älter. Überlegen Sie, ob es sich lohnt, Zeit, Energie und Nerven zu investieren, um gegen Unveränderbares anzukämpfen. Es ist beispielsweise intelligenter andere und ihre Eigenarten zu akzeptieren. Klar gibt es dafür auch Grenzen und zwar dann, wenn Sie durch Verhalten anderer eingeschränkt oder gar verletzt werden.
Übung: Überprüfen und entscheiden Sie, wo und wie Sie Ihre Kräfte einsetzen. Stellen Sie sich konkret vor, welchen Nutzen Sie aus dem Akzeptieren haben werden - mehr Gelassenheit, Leichtigkeit, Zeit.
Tipp 2: Bleiben Sie optimistisch
Schwierige oder belastende Situationen gut zu meistern, lässt unser Vertrauen wachsen, auch künftige Krisen gut durchzustehen. Optimismus macht also Mut, die sich bietenden Chancen zu ergreifen. Wir stehen uns häufig selbst im Weg, weil wir negative Glaubenssätze verinnerlicht haben, wie „das Leben ist kein Wunschkonzert“ oder „Augen zu und durch“. Diese Glaubenssätze schränken unseren Handlungsspielraum ein.
Übung: Haben Sie einen negativen Glaubenssatz? Wie könnten Sie ihn positiv formulieren? Beispiel: „Augen zu und durch“ könnten Sie positiv ersetzen durch „Ich nehme meine Gefühle und Wünsche ernst und handele entsprechend“.
Tipp 3: Gehen Sie Ihren eigenen Weg
Resiliente Menschen sind überzeugt, dass sie herausfordernde Situationen aus eigener Kraft meistern können. Sie vertrauen ihren Fähigkeiten, sind offener für Veränderungen und zeigen bei Rückschlägen mehr Ausdauer und Durchhaltevermögen. Sie achten auf ihre eigenen Bedürfnisse und zeigen mehr Wertschätzung für sich selbst. Das macht sie unabhängiger von der Anerkennung durch andere und lässt sie ihren eigenen Weg gehen.
Übung: Denken Sie an frühere Situationen, in denen Sie ein positives Ergebnis erzielt haben. Machen Sie sich bewusst, was Sie für den guten Ausgang getan haben. Sicher war Ihr Anteil daran gar nicht so klein.
Schenken Sie sich neue Erfahrungen und damit persönliches Wachstum durch selbst gewählte Herausforderungen. Notieren Sie gleich, was Sie in diesem Jahr noch für sich entdecken möchten: ein Ausflug in den Hochseilgarten oder die Teilnahme an einem Schauspiel-Kurs – ganz egal, Hauptsache, die Erfahrung ist neu und Sie merken: Ich kann alles schaffen, was ich will und mir vornehme.
Tipp 4: Übernehmen Sie Verantwortung für sich
Eine weitverbreitete und sehr praktische Haltung ist es, in schwierigen Situationen immer den anderen die Schuld zu geben. Dann liegt keinerlei Verantwortung bei einem selbst und man braucht nichts am eigenen Verhalten zu ändern. Der andere muss sich ändern. Weil Menschen das nur in den allerseltensten Fällen tun, bleibt alles beim Alten und die Konflikte ungelöst. Es bringt mehr, die eigenen Einstellungen und Anteile an den Schwierigkeiten zu überprüfen und Verantwortung dafür zu übernehmen. Wenn wir unser Verhalten ändern, ändern sich zwangsläufig auch die anderen.
Übung: Überlegen Sie sich eine schwierige Situation. Wie könnten Sie statt üblich reagieren? Vielleicht ist es der Kollege, der immer Arbeit auf Sie abwälzt. Statt ihm wie bisher zu helfen, sagen Sie ihm bestimmt, dass Sie keine Zeit haben. Das ist nicht nett und stößt den Kollegen möglicherweise vor den Kopf. Aber Verantwortung bedeutet die Wahl zu treffen, im Rahmen der gesellschaftlichen Regeln und unter Berücksichtigung des eigenen Gewissens für sich selbst zu entscheiden, was zu tun oder zu lassen ist. Selbstverantwortung bedeutet, diese Wahl zu treffen und auch die Konsequenzen dafür zu tragen.
Tipp 5: Füllen Sie Ihr Sozialkonto
In belastenden Situationen hilft ein soziales Netz aus Familienangehörigen, Freunden und Kollegen. Je größer und stabiler das soziale Netz, desto mehr kann mit Unterstützung und Hilfe gerechnet werden. Die Hilfe muss noch nicht einmal in Anspruch genommen werden, schon allein die Aussicht, dass das soziale Netz Hilfe leisten kann, stärkt die psychische Widerstandsfähigkeit.
Übung: Welche soziale Beziehungen möchten Sie noch weiter ausbauen, um auf Ihr Sozialkonto „einzuzahlen“? Seien Sie freundlich, hilfsbereit und aufmerksam. Gehen Sie respektvoll mit Menschen um und sparen Sie nicht mit Lob und Anerkennung. Wenn Sie Hilfe und Unterstützung nötig haben, können Sie mit "Rückzahlungen" rechnen. Sie sollten die Hilfe natürlich auch annehmen können.
Tipp 6: Richten Sie Ihre Energie auf Positives
Wir alle erleben Freude und Leid. Entscheidend ist dabei, wie stark die jeweiligen Emotionen wahrgenommen werden. Resiliente Menschen erleben nicht unbedingt weniger belastende Situationen als andere. Sie nehmen jedoch die positiven Ereignisse stärker und bewusster wahr und lassen so den angenehmen Emotionen mehr Raum als den unangenehmen Gefühlen.
Übung: Führen Sie ein Glückstagebuch, in dem Sie die angenehmen Ereignisse eines Tages in Stichworten festhalten. Notieren Sie täglich drei positive Erfahrungen. Das können Kleinigkeiten sein, wie eine zuvorkommende Verkäuferin oder ein nettes Telefongespräch. Besser ist aber ein Buch, weil Sie darin blättern können.
Wenn Sie die kleinen Übungen durchgearbeitet haben, dann haben Sie erste Schritte zu Ihrer persönlichen Resilienzentwicklung getan. Manchmal ist es ganz gut, Themen nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit anderen im Gespräch zu bearbeiten. Wenn Sie alleine nicht weiterkommen, kann auch ein Coach helfen.
Ob alleine oder mit Unterstützung, wichtig ist, dass Sie für sich sorgen und stolz auf sich sind. Schließlich sind Sie einmalig!