19. Februar 2019

Desaster Denken muss nicht sein. Erfolgsfördernde Einstellungen für Beratung und Verkauf.

Unsere inneren Einstellungen sind extrem wirkungsstark. Sie bestimmen in hohem Maße, wie wir uns fühlen, was wir wahrnehmen (und was nicht), wie wir in Interaktionen mit anderen hineingehen und auf deren Verhalten reagieren und was am Ende des Tages aus all unserem Tun herauskommt. Das Schwierige ist: oft bemerken wir unsere inneren Einstellungen gar nicht, da wir denken, dass „es so ist“, wie wir glauben, dass es sei. Wir verwechseln die in unseren inneren Einstellungen inkludierten Annahmen mit Fakten. Und das kann fatal werden, besonders dann, wenn man es als Experte/Expertin oder als (Verkaufs) Berater/Beraterin gerade mit internen oder externen Kunden zu tun hat.

Im Folgenden möchte ich Ihnen einige aus meiner Sicht signifikant hinderliche Einstellungen vorstellen, die ich in verschiedenen Varianten immer wieder antreffe. Das sind besonders diese:

  1. Oh Gott, ein Einwand!
  2. Wo ich Recht hab, hab ich Recht!
  3. Erst mal das Blaue vom Himmel versprechen!
  4. Perfekt muss alles schon sein!
  5. Hauptsache, ich habe die Sache im Griff! Die Beziehung ist nicht so wichtig! 
  6. Komplexe Sachverhalte erfordern komplizierte Rede!
  7. Kommst Du mir dumm, komm ich Dir dumm!
  8. Erzähl mir nichts, ich kenn schon alles!
  9. Super Leistung gibt es nur mit Super Anstrengung!
  10. Gegen den bekannten Mist hilft bekanntlich alles nichts!
  11. Fehler sind unverzeihlich!

All diese Einstellungen können sich ausgesprochen kontraproduktiv auf die weitere Interaktion mit dem Kunden auswirken: Der Versuch, Einwände möglichst schnell wegzuwischen oder zu widerlegen, führt beispielsweise häufig dazu, dass die Energie, Einwände zu produzieren beim Gegenüber erst richtig angeheizt wird. Jetzt alles, auch das, was man mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht wird einhalten können, zu versprechen, schafft zwar zumeist im ersten Schritt einen „glücklichen“ Kunden, dafür wird er/sie etwas später aber vermutlich umso enttäuschter und verärgerter werden, wenn die schönen Zusagen nicht eingehalten werden. Dem Kunden, der einem „dumm kommt“, selbst „dumm zu kommen“ – um ein weiteres Beispiel zu nennen -, bringt zwar vielleicht für ein paar Minuten ein Gefühl von Entlastung und „ausgleichender Gerechtigkeit“, die Wahrscheinlichkeit steigt jedoch, dass die Situation sich nun insgesamt weiter anspannt und vielleicht eskaliert.

Um die Wahrscheinlichkeit für einen guten und erfolgreichen Verlauf – und zwar sowohl für den Kunden wie auch für einen selbst – zu erhöhen, empfiehlt es sich, sich diese Einstellungen in etwas anderer Form zu eigen zu machen:    

  1. Einwände sind Chancen. Ich freue mich über jeden Einwand, da er mir die Möglichkeit eröffnet, mehr über die Situation und Bedarfe meines Kunden zu erfahren. Und das heißt auch: zunächst werde ich versuchen, den Einwand und seinen Hintergrund so gut wie möglich zu verstehen, bevor ich möglicherweise etwas, das diesen Einwand relativiert, daneben (nicht dagegen!) stelle.
  2. Es geht nicht darum, wer Recht hat. Wir sind nicht vor Gericht; und es hat ohnehin jeder seine eigene Perspektive. Ich kann aber mit meinem Wissen, meinem Geschick und meiner Fähigkeit, gut auf mein Gegenüber einzugehen, dazu beitragen, dass wir gemeinsam eine möglichst gute Lösung für alle Beteiligten finden.
  3. Dinge, die vermutlich oder möglicherweise nicht so wie vom Kunden idealerweise gewünscht passieren, verspreche ich auch nicht. Ich sage nur das zu, was ich realistisch betrachtet auch einhalten kann. Und falls ich etwas zugesagt habe, bei dem sich wider Erwarten zeigt, dass es nicht eingehalten werden kann, so informiere ich den Kunden darüber rechtzeitig und erkläre ihm/ihr die Situation.
  4. Die Kunst besteht nicht darin, alles so perfekt wie möglich zu machen, denn das ist 1. nicht nötig, 2. nicht möglich und 3. ziemlich stressig. Die Kunst besteht darin, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden, da gründlich zu sein, wo es nötig ist und überall da pragmatisch, wo es gut möglich ist.
  5. Die Beziehungsebene fundiert immer (!) die Sachebene. Das gilt auch für meine Arbeit. Wenn es sich also zwischen meinem Kunden und mir in irgendeiner Weise verhakt, versuche ich immer auch auf der Beziehungsebene hilfreich und stützend tätig zu werden.
  6. Der Profi zeigt sich nicht darin, komplexe Dinge möglichst kompliziert zu sagen oder am besten auch schon recht schlichte Dinge möglichst unverständlich auszudrücken. Gerade dadurch, dass es mir gelingt, auch schwierige Sachverhalte für mein Gegenüber klar und verstehbar auszudrücken, zeige ich meine Professionalität.
  7. Wenn der Kunde mir dumm kommt, muss ich nicht mit "gleicher Münze zurückzahlen". Geschickter ist es zu versuchen, eine Brücke zu bauen zu den Sichtweisen und Interessen meines Kunden, ohne dabei die anderen berechtigten Anforderungen an meine Arbeit (wie sie z.B. meine Organisation an mich stellt) zu vernachlässigen. So entsteht eine deutlich größere Chance, dass das Zusammenspiel mit dem Kunden konstruktiv weitergeht und ich mich hinterher souverän fühlen kann, eben weil ich souverän agiert habe.
  8. Meine Arbeit darf mir Freude machen und sie kann auch dazu dienen, dass ich mich persönlich weiterentwickle, gerade auch durch herausfordernde, konflikthafte oder mich an meine Grenzen führenden Situationen.
  9. Die Effektivität und Effizienz meiner Arbeit bietet vermutlich immer noch deutliches Steigerungspotenzial, auch wenn ich schon lange dabei bin. Der Lohn der weiteren Potenzialentfaltung darf dabei – neben guten Effekten für meine Kunden, meine Performance, meine Organisation etc. – immer auch mein noch weiter verbessertes Wohlbefinden sein.  
  10. Die Fokussierung auf hilfreiche innere Einstellungen hilft mir, auch unter schwierigen Kontextbedingungen besser – klarer, kursstabiler, effektiver, effizienter, entspannter, besser gelaunt etc.– unterwegs zu sein.
  11. Ich gebe mein Bestes, aber ich kann nur tun, was ich tun kann. Auch ich mache mal Fehler, kann nicht alle immer gleichzeitig glücklich machen und auch nicht zaubern. Aber ich stehe zu dem, was ich getan habe, denn ich stehe zu mir.

Natürlich kann man eigene innere Einstellungen nicht wie auf Knopfdruck verändern; erst recht nicht, wenn man sich stark mit ihnen identifiziert, sie einem also wie eine Selbstverständlichkeit vorkommen. Gleichwohl kann man aber an eigenen Einstellungen, die tendenziell kontraproduktiv für den Erfolg der eigenen Arbeit und nicht selten auch für das persönliche Wohlbefinden sind, arbeiten und sie in eine günstigere Richtung weiterentwickeln. Dazu sind folgende Schritte nötig:

  1. Es gilt zu erkennen, welche eher kontraproduktiven Einstellungen man wohl mit sich herumträgt. Hierzu braucht es eine kritisch-realistische Selbstreflexion.
  2. Wichtig ist dabei, möglichst konkret zu identifizieren, in welchen Situationen sich die kritische Einstellung deutlich manifestiert: was triggert sie, wie zeigt sie sich, welche Risiken ergeben sich daraus etc.
  3. Wie möchte man idealerweise in solchen Situationen stattdessen handeln? Wie also möchte man die positive Variante der jeweiligen Einstellung für sich mit Leben füllen, so dass es für einen selbst und gemessen an den Anforderungen der jeweiligen Situation passend und gangbar erscheint.
  4. Wie kann man sich bei diesem Veränderungsvorhaben gut unterstützen? Z.B. durch welches Rollenverständnis, welche inneren Bilder, welche Strategien zum Einnehmen eines guten Abstands, welche Kommunikationsstrategien etc.?
  5. Auf welche Fallen sollte man dabei achten, das meint: welche Verführungen drohen hier, dass doch wieder die bisher etablierte Einstellung getriggert wird und welche Strategien (z.B. Verhaltensweisen, Nutzen von Symbolen, von Hilfen Dritter oder Kontextmöglichkeiten) können helfen, mit diesen Verführungen sinnvoll umzugehen?
  6. Welche Erfahrungen ergeben sich so? Was läuft gut und an welchen Stellen wäre es sinnvoll, etwas Anderes auszuprobieren, um die Erfolgswahrscheinlichkeit zu erhöhen?

So simpel wie diese Schritte vielleicht klingen: sie sind es nicht, erst recht nicht im Umgang mit vielleicht jahrzehntelang etablierten Routinen. Nicht alles wird hier glänzend laufen, manches kann mühsam werden oder sich seltsam anfühlen – schon deshalb, weil es anders und unvertraut ist. Der Weg zur Veränderung einer den eigenen Erfolg und vielleicht auch das eigene Wohlbefinden immer wieder beschränkenden Einstellung ist ein längerer. Aber er lohnt sich.

Über den Autor

Dr. Stefan Hölscher verbindet fundierte psychologische Erfahrung mit Klarheit und humorvoller Pointierungslust. Er liebt intensive Reflexion als Grundlage für kraftvolle Impulse: als Coach und Trainer ebenso wie als Autor und kreativer Geist.


Individuelle Beratung unter +49 69 60 60 55 60 oder info@metrionconsulting.de

Meine Interpretation hat Folgen: Je nachdem, wie ich die Dinge sehe, bahne ich die Entwicklung, die die Dinge für mich nehmen.

Dr. Stefan Hölscher - Partner, Metrion Management Consulting