15. Januar 2013

15 verdammt gute Tipps zum Umgang mit Konflikten

  1. Die Frage sollte nicht sein "Ob", sondern "Wie kann ich dazu beitragen, dass aus dem Konflikt eine Win-Win-Situation entsteht?" Natürlich wird nicht immer eine Win-Win-Situation zu erreichen sein, aber mit der ernsthaften Suche danach wird nicht nur die eigene Haltung, sondern zumeist auch die der anderen Seite deutlich produktiver, und die Wahrscheinlichkeit für eine einvernehmliche Lösung steigt immens.

  2. Die Frage sollte nicht sein „Ob“, sondern: „Wie kann ich den Konflikt als Chance für sinnvolle Klärung, Fortschritt, Beziehungsverbesserung, persönliche Weiterentwicklung, Lernen oder ähnliches nutzen?“ Den Konflikt als Chance zu sehen, eröffnet Kreativität, ihn als Druck und Last zu sehen, verschließt sie.

  3. Daraus folgt auch: in Konflikten darf man durchaus seinen Verstand und sogar seine Phantasie (die nicht bloß zum Ausmalen von Horrorszenarien geeignet ist) einsetzen. Nicht uninteressant ist etwa die Frage: Was will ich hier eigentlich und wie kann ich die Chance, es auch zu erreichen, erhöhen?

  4. Um in einen möglichst großen Genuss der eigenen Denk- und Handlungsfähigkeit zu kommen, ist es hilfreich, nicht erst dann zu reagieren, wenn man innerlich auf ‚180’ oder jedenfalls im ‚knallroten Bereich’ ist. Zu reagieren, solange die Gemütslage noch grün-orange bis hellrot ist, bringt den Vorteil, deutlich mehr als eine Handlungsalternative zur Verfügung zu haben. Früher intervenieren ist daher oft besser.

  5. Frühe Konfliktintervention setzt frühe Konflikterkennung voraus. Frühe Konflikterkennung bedeutet vor allem: sich den Luxus zu gönnen, eigene Wahrnehmungen und Empfindungen ernst zu nehmen, und zwar bevor man von ihnen überrollt wird. (Gefühle sind komplexe und wichtige Informationen, die wir über uns und unsere Umwelt haben. Sie bei Zeiten wahr- und ernst zu nehmen, bedeutet, sie nutzen und steuern zu können. Zu warten, bis man gefühlsmäßig auf ‚180’ ist, heißt, sich zu entscheiden, von den eigenen Gefühlen beherrscht und gesteuert zu werden.)

  6. Auch wenn man sich selbst manchmal so sieht: Dass jemand in einer Konfliktsituation bloß und nichts anderes als Opfer ist, ist (ausgenommen Fälle puren physischen Zwangs) faktisch nicht anzunehmen. Wenn man daher auf die Frage: „Was trage ich aktiv zur Konfliktaufrechterhaltung oder –verstärkung bei?“, vollkommen einfallslos bleibt, könnte es sich lohnen, noch einmal zu überlegen.

  7. Ganz ähnlich mit der Frage: „Was sind die guten Absichten des anderen?“ Konflikteskalation lebt zu einem Gutteil von der Annahme schlechter Absichten auf der Gegenseite. Das heißt umgekehrt: Je mehr es gelingt, gute Absichten von vielleicht damit erreichten wenig glücklichen Effekten zu unterscheiden, umso mehr wird emotionaler Sprengstoff aus dem Konflikt herausgezogen. Wenn einem also auf die Frage nach den guten Absichten der anderen Seite rein gar nichts in den Sinn kommt, macht es Sinn, noch etwas länger nachzugrübeln, es sei denn, man möchte eskalieren ...

  8. Ein zumeist ‚erfolgreiches’ Mittel der Eskalation ist, eine gerade eingeschlagene, aber erfolglose Lösungsstrategie einfach weiter zu verstärken nach der Devise: mehr bringt mehr. Umgekehrt heißt das: Wenn die eigene Strategie trotz redlicher Bemühungen und einiger Wiederholungsschleifen nicht greift, wäre es denkbar, eine andere Strategie in Betracht zu ziehen.

  9. Wenn alles nicht hilft, ist es gut, sich zumindest insoweit zu kennen, dass man absehen kann, wann es in einem Konflikt für einen selbst angeraten ist, jedenfalls vorerst aufzuhören oder eine Zäsur zu machen. Wie überhaupt Zäsuren, Abstand und Neufokussierungen von nicht zu unterschätzender Bedeutung für eine produktive Konfliktlösung sind. (Dies muss nicht immer die ‚berühmte’ Nacht sein, die es sich über manche Dinge zu schlafen lohnt; manchmal reicht auch schon der ‚Gang zum Klo’. Was für diesen nicht unbedingt gilt, sollte man bei einer ‚richtigen’ Unterbrechung aber wann immer möglich beachten, nämlich sie nicht zu setzen, sondern mit dem anderen konsensual zu verabreden.)

  10. Schön ist, wenn man sich darüber hinaus auch insoweit kennt, dass man von sich weiß, was man besonders gut kann (z.B. schnell sein, gründlich sein, direkt sein, bohrend sein, harmonisch sein etc.). Dies wird man nämlich unter Stressbedingungen, wozu Konfliktsituationen gemeinhin zählen, noch ausgeprägter und tendenziell zu ausgeprägt ins Spiel bringen. Dabei gilt hier wie überall im Leben: zu viel ist immer zu viel. Zu viel für den anderen ist dabei auch zu viel für mich: solche Schüsse gehen tendenziell nach hinten los.

  11. Auf jeden Fall lohnt es sich, hier die eigene Aufmerksamkeit zu erhöhen: „Welche Arten von Verhaltensweisen von anderen in welchen Situationen reizen und nerven mich so, dass ich dann als ‚Gegenstrategie’ von dem, was ich so gut kann, wie reflexhaft immer noch und noch mehr mache?“ Wer hier Situationstypen für sich identifizieren kann, hat die Chance zu bemerken, dass er sich in so mancher Situation in der 100.000sten Reinszenierung eines alten persönlichen Konfliktklassikers befindet. Dies wahrzunehmen (und vielleicht dabei innerlich sogar ein klein wenig über sich schmunzeln zu können) bringt zumindest ein bisschen Abstand zum Geschehen und außerdem die Chance, entscheiden zu können, ob man dies 100000ste Mal genauso bestreiten möchte wie die 99999 Male davor oder vielleicht ein klein wenig anders.

  12.  Manchmal entsteht dann sogar Kapazität, die Frage, warum der andere mich so schrecklich nervt in folgender Richtung zu reformulieren: „Was will der andere eigentlich? Was braucht er? Was sind seine Handlungs- und Wertmaßstäbe? Wie sieht die Welt von seinem Standpunkt aus? Und wie kann ich ihn da erreichen? Was kann ich ihm anbieten, damit wir produktiv weiterkommen?“

  13. Zu tun hat diese Suchrichtung mit einem anderen Punkt, der in Konflikten im Eifer des Gefechts immer mal wieder unterzugehen droht, nämlich abermals der Frage: „Was will ich hier erreichen und will ich es wirklich? Oder reicht mir das gute Gefühl, Recht gehabt zu haben und meine Position bewahren zu können, egal wie hoch die Folgekosten sind?“ Wenn ich mehr nicht will, brauche ich mich um den anderen nicht weiter zu scheren. Falls ich doch mehr wollen sollte, muss ich den anderen irgendwie zu erreichen suchen. Wofür ungemein folgende Erkenntnis hilft:

  14. Es ist ein beliebter, aber dadurch nicht richtigerer Fehlschluss, dass alle so ‚ticken’ wie ich, dass sie meine Logik und meine Maßstäbe teilen und in der Lage sein müssten, die Dinge genauso zu sehen wie ich. Dies ist definitiv nicht der Fall. Nur einer ‚tickt’ genauso wie ich, und das bin ich. Für alle anderen brauche ich ein zusätzliches Stückchen Phantasie und Vorstellungskraft. Und dies erst recht in Konfliktsituationen.

  15. Wie all das geht? Dafür sind drei Dinge wesentlich, die bei Licht betrachtet wenig mit Hexerei zu tun haben: (1.) die Haltung: „Wie können wir hier eine Win-Win-Situation erreichen?“ ernsthaft einnehmen (2.) neugierig, aufmerksam und ein wenig selbstkritisch damit Erfahrungen sammeln und (3.) darauf achten, dass man – auch wenn es höher her geht - zumindest ein wenig Abstand zum Geschehen behält. Dabei geht es nicht darum, von sich zu verlangen, ‚souverän über den Dingen zu schweben’. Dies hieße, den Druck nur zu erhöhen und damit letzten Endes den produktiven Abstand zu verringern. Manchmal reicht bereits 1mm Abstand, um nicht ‚draufzusitzen’ und sich die Fähigkeit zu bewahren, halbwegs frei denken, abwägen und entscheiden zu können – was gar nicht immer so einfach ist.

Über den Autor

Dr. Stefan Hölscher verbindet fundierte psychologische Erfahrung mit Klarheit und humorvoller Pointierungslust. Er liebt intensive Reflexion als Grundlage für kraftvolle Impulse: als Coach und Trainer ebenso wie als Autor und kreativer Geist.


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Das In-Erscheinung-Treten von Konflikten wird oft als Problem gesehen. Probleme entstehen aber viel eher dann, wenn Konflikte nicht in Erscheinung treten.

Pia Gaspard - Partnerin, Metrion Management Consulting