15. Mai 2008

Selbstentwicklung - 12 Weichenstellungen zur Entfaltung von Wirkungskraft, Freiheit und Lust

Inwieweit unser Leben durch persönliche Wirkungskraft, Freiheit und Lust geprägt ist, hängt maßgeblich davon ab, wie wir mit uns selbst, unseren inneren Einstellungen, Fähigkeiten, Denk- und Handlungsweisen, Gefühlen, Absichten und Möglichkeiten umgehen oder anders gesagt, wie ernsthaft und konsequent wir unsere eigene Entwicklung betreiben. Hat man bei sich selbst oder in bezug auf Andere den Eindruck, dass die persönliche Wirkungskraft und Vitalität nicht optimal verfügbar ist, so liegt das nicht daran, dass hierfür ein besonders komplexes oder nur wenigen bekanntes ‚Spezialwissen‘ nötig wäre, das eben gerade im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. Die Faktoren produktiver Persönlichkeitsentwicklung sind letzten Endes einfach. Die Hauptherausforderungen bestehen in der Regel in drei Punkten

→    der Klarheit des Bewusstseins

→    der Konsequenz in der Umsetzung und d.h. vor allem dem produktiven Umgang mit Verführungen und

→    dem Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren, die nur in Verbindung miteinander eine hohe Wirksamkeit erreichen 

Wer mit dem Ziel einer möglichst hohen Entfaltung von persönlicher Wirkungskraft, Freiheit und Lust diese Herausforderungen meistern will, sollte etwas tun, was man als ebenso einfach wie komplex bezeichnen kann: die Fähigkeit sich selbst gut zu coachen aufbauen und weiterentwickeln, also zu lernen sich selbst ein möglichst produktiver Sparringspartner zu werden. Um diese Fähigkeit immer weiter zu entwickeln, ist es hilfreich, sich an folgenden 12 Grundprinzipien zu orientieren:  

  1. Die Macht der inneren Einstellung verstehen

Wie produktiv oder unproduktiv, gut oder schlecht, schrecklich oder wunderbar das, was passiert für mich ist, wird bestimmt durch die Art, wie ich darüber denke. Worauf ich meinen inneren Scheinwerfer richte, das werde ich beleuchten. Was ich erwarte, rufe ich hervor. Was ich für möglich / nicht möglich halte, gewinnt / verliert an Wahrscheinlichkeit.

Meine innere Einstellung bestimmt die Qualität dessen, was ich wahrnehme und stellt die Weichen dafür, wie es wohl weitergehen wird.

  1. Sich selbst wertschätzen

Ich kann anderen nur vertrauen, wenn ich mir selbst vertraue. Ich kann für andere nur dann echtes Interesse aufbringen, wenn ich an mir selbst, an dem, was ich tue, wer ich bin und wie ich mein Leben führe, echtes Interesse aufbringe. Ich kann nur dann Verantwortung für andere übernehmen, wenn ich für mich selbst Verantwortung übernehme. Ich kann andere nur dann mögen, schätzen und lieben, wenn ich mich selbst mag, schätze und liebe.

Die positiven Meinungen und Gefühle, die ich zu mir selbst habe, sind die Bedingung für die positiven Meinungen und Gefühle, die ich zu anderen erlebe und von anderen erfahre.

  1. Gefühle als Kompass nutzen

Gefühle sind hoch verdichtete Informationen. Sie geben mir Auskunft darüber, wie eine Situation für mich ist, wie gut oder schlecht mir etwas tut, wie relevant oder irrelevant es für mich ist, wie es mir geht. Und wie es mir geht, wie ich ‚drauf bin’, welche Energie ich habe, ist entscheidend dafür, was ich bewirken kann, Dies gilt für mich selbst genauso wie für Interaktionen mit anderen: die Qualität der vorhandenen Energie ist entscheidend für die Qualität dessen, was passiert und was dabei herauskommt. Schlechte Energie erzeugt suboptimale Ergebnisse. Damit Produktivität sich entfalten kann, bedarf es produktiver Energie.

Um meinen bestmöglichen Beitrag geben zu können, habe ich das Recht und die Pflicht dafür zu sorgen, dass es mir gut geht.

  1. Eine konsequente Win-Win-Strategie verfolgen

Auch die Qualität und Produktivität von Beziehungen zu anderen Menschen wird maßgeblich durch meine innere Orientierung und Einstellung bestimmt. Wenn ich andere wirklich wertschätze, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch ich Wertschätzung erfahre. Wenn ich anderen vertraue, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch mir vertraut wird. Wenn ich mich in Interaktionen und Beziehungen mit anderen ernsthaft um Win-Win-Situationen bemühe, auch dann, wenn es müh­samer, schwieriger oder konflikthafter wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende ein produktiveres Ergebnis für alle Beteiligten entsteht.

Die konsequente Ausrichtung am Win-Win-Prinzip ist die Bedingung für langfristig gelingende Beziehungsgestaltung.

  1. Die Dinge vom Ende her denken

Was sind die wahrscheinlichen Effekte einer bestimmten Handlung? Was werden wohl die mittel- und längerfristigen Folgen sein, je nachdem, welche Prioritäten und Schwerpunkte ich setze? Wie wird es mir wohl mit diesen Folgen gehen? Was ist es, was ich schließlich (am Ende dieser Angelegenheit, dieses Themas, dieser Zusammenarbeit bzw. langfristig in meinem beruflichen und persönlichen Leben) erreicht haben möchte? Was ist mir am Ende des Tages wichtig, was nicht?

Stabile Klarheit und Orientierung für mein Tun inmitten all der zahllosen Bedürfnisse, Erwartungen und Möglichkeiten finde ich nur, wenn ich die Dinge konsequent vom Ende her denke.

  1. Selbstverpflichtung als Standard etablieren

Um meinen Plänen und Vorsätzen und meiner weiteren Entwicklung eine echte Chance zu geben, muss ich mich selbst in die Pflicht nehmen. Wenn ich klar habe, was ich will (die Dinge vom Ende her denken), muss ich mir einen Rahmen schaffen, in dem auch die Möglichkeit besteht, dass ich mein Vorhaben umsetzen kann. Dafür muss ich meine Stärken, Schwächen und Verführbarkeiten sowie relevante Bedingungen meines Handlungsumfeldes realistisch einschätzen und auf sie abgestimmte Strategien entwickeln. Und dann muss ich die Dinge in Angriff nehmen: es tun und ‚dranbleiben’.

Die Basis jedes nachhaltigen Erfolgs ist disziplinierte und strategisch fundierte Selbstverpflichtung.

  1. Signifikante Verhaltensmuster erkennen

Wache Wahrnehmung von sich selbst, anderen und situativen Gegebenheiten ist generell ein wesentlicher Punkt. Für eine effektive Selbststeuerung ist es dabei besonders wichtig, produktive und unproduktive Muster zu erkennen. Nicht selten neigen wir dazu, „mehr desselben“ zu tun, auch wenn „mehr desselben“ nicht wirklich die erwünschten Ergebnisse bringt. Als Folge dieser wahrgenommenen Erfolglosigkeit drehen wir dann oft noch mehr auf. Die Verhaltensweisen, die wir dabei an den Tag legen und steigern, sind oft aufs engste mit unseren Fähigkeiten und Stärken verknüpft. In schwierigen und konflikthaften Situationen setzen wir Eigenschaften, die uns so oft und so selbstverständlich Erfolg bringen, noch intensiver ein – um „die Sache in den Griff zu kriegen“.  Das Schlechte ist hier nichts anderes als des Guten zu viel.

Um nicht immer wieder in die gleichen Fallen zu tappen, muss ich erkennen, wo meine Fähigkeiten und Stärken aus dem Ruder laufen und meine Wirkungskraft beschneiden.

  1. Identifikation und Abstand balancieren

Um mir wichtige berufliche oder private Rollen, Aufgaben oder Tätigkeiten zu eigen zu machen; um in einen guten Fluss („Flow“) mit ihnen zu kommen und effektiv und erfolgreich in ihnen zu sein, brauche ich Identifikation. Identifikation ist im Kern eine Art von Verschmelzung oder Hingabe. Und gleichzeitig brauche ich immer wieder Abstand, um zu reflektieren und zu verstehen, was passiert, um den Stellenwert und die Proportionen der verschiedenen Perspektiven auszutarieren und um mein eigenes Handeln und seine Wirkungen betrachten und besser steuern zu können.

Die gute Balance von Identifikation und Abstand bildet die Basis glückenden Tuns.

  1. Grenzerfahrungen nutzen

Grenzerfahrungen können dadurch zustande kommen, dass man sich gezielt Situationen und Erfahrungen aussetzt, die einen persönliche Grenzen spüren lassen und damit auch die Möglichkeit mit sich bringen, über diese Grenzen hinaus zu gelangen und zu wachsen. Das Erfahren von Grenzen kann aber auch dadurch entstehen, dass Dinge in meinem Leben passieren, die, obwohl ich sie nicht geplant habe und wollte, mich mit meinen persönlichen Grenzen machtvoll konfrontieren. Dies passiert vor allem durch Krisensituationen, wie Krankheit, persönliches Versagen, großen Verlust oder traumatische Erlebnisse. Die Art, wie ich solche Situationen verarbeite, ist entscheidend dafür, ob ich dauerhafte Einschränkungen erlebe oder aber zu einer neuen Qualität in meinem Denken, Fühlen und Handeln gelange.

Erfahrungen, die mich mit meinen Grenzen konfrontieren, bergen die Chance auf persönliches Wachstum durch einen Gewinn an Klarheit, Besonnenheit, innerer Freiheit und Zufriedenheit.

  1. Loslassen lernen

Wenn meine Arbeit getan ist, ist sie getan. Das gilt für heute und das gilt generell. Wenn ein neues Kapitel angefangen hat, ist das alte vorbei. Was jetzt ist, ist; und alles andere ist nicht. Jetzt ist nur das, was ist und das verdient meine Aufmerksamkeit. Loslassen heißt, in dem zu sein, was da ist (nicht in der Vergangenheit und nicht in der ersehnten oder gefürchteten Zukunft). Und Loslassen heißt auch, eine Situation, die ich nicht ändern kann, auch nicht ändern zu wollen.

Ich kann sie für gut erachten, dann sollte ich bereit sein, mit ihr zu leben, oder ich kann sie für schlecht erachten, dann sollte ich versuchen, sie zu verlassen. Aber, was ich nicht ändern kann, kann ich nicht ändern.

Seine Kraft effektiv einsetzen kann nur, wer es auch gelernt hat, loszulassen.

  1. Offenheit und systematische Weiterentwicklung verbinden

Offen, aufgeschlossen und neugierig zu sein für das, was ist, was war und was sein könnte, was mich und andere bewegt; für Neues, Unerwartetes, auch für Irritierendes: das ist, was dem Leben Fülle und Lebendigkeit verleiht und was wie von selbst Weiterentwicklung ermöglicht. Die andere bedeutende Form der Weiterentwicklung ist die gezielte und systematische. Das intendierte Erlernen, Vertiefen, Trainieren, Fundieren und Reflektieren. Im organischen Wechselspiel von beidem liegt die Verbindung von sinnlich achtsamer Präsenz und systematischer Zielbezogenheit.

Entwicklungsziele systematisch zu verfolgen und gleichzeitig offen und präsent zu sein für die Besonderheit des Augenblicks ist die Kunst der Synthese von Sein und Werden.

 

  1. Bewusstsein für das Ganze entwickeln

Das Bewusstsein dafür entwickeln, dass man selbst bloß Teil eines großen Ganzen ist. Die Dimensionen, Horizonte und Zusammenhänge dieses übergeordneten Ganzen klarer verstehen: soziale, wirtschaftlich, gesellschaftliche und historische Abhängigkeiten, Ökologie, Biologie, der Kreislauf der Natur, das Universum. Sensibilität und verantwortliches Handeln vor dem Hintergrund dieses übergeordneten Ganzen entwickeln. Lernen, die Spannung, dass das Selbst Zentrum der (eigenen) Welt und zugleich eine vollkommen unbedeutende Erscheinung im Universum ist, produktiv zu leben.

Konsequente Selbstentwicklung führt zu Selbsttranszendierung als dem gelebten Bewusstsein bloß ein verschwindend kleiner Teil eines unermesslichen Ganzen zu sein.

Über den Autor

Dr. Stefan Hölscher verbindet fundierte psychologische Erfahrung mit Klarheit und humorvoller Pointierungslust. Er liebt intensive Reflexion als Grundlage für kraftvolle Impulse: als Coach und Trainer ebenso wie als Autor und kreativer Geist.


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